Birgit Schlieps

Konzept: Die Ankündigung für das ursprüngliche Happening FLUIDS von Alan Kaprow beinhaltete eine Anleitung, eine ca. 2,50 m hohe rechteckige Einhausung aus Eisblöcken herzustellen. In der Wiederaufführung und Neuerfindung von Stadt im Regal bilden die einzelnen Begriffe, aus dem bisherigen beschreibenden Zusammenhang befreit, in Form von Bauschildern, lesbare und vorstellbare Partituren für vier verschiedene Orte im öffentlichen Raum. Material: 4 Bauschilder, Holz, Digitalprint auf Alu-Dibond, Betonquader Größe: 2 (5,40 x 2,00 x 2,30 m), 2 (6,52 x 2,80 x 2,60 m) Standort: Schiffbauer Damm, Leipziger Platz, Neue Nationalgalerie, Parkdeck Südkreuz_Berlin Anlass: Ausstellung vom 15. September - 8. November 2015 im Rahmen des Kooperationsprojekts STADT/BILD für die Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin mit vier Reinventionen verschiedener Künstler*innengruppen im Stadtraum und einer instituionellen Rekonstruktion hinter der Neuen Nationalgalerie > www.kaprowinberlin.smb.museum > www.stadt-bild.berlin > www.stadtimregal.de

Konzept: Anhand einer Gegend zwischen der Berliner Ringautobahn und der ehemaligen Westberliner Stadtgrenze gehe ich der medialen und zeitgeschichtlichen Vielschichtigkeit und Verortung dem Begriff ›Wüstenstadt‹ nach. Das Sgrafitto (als eines von vier, in der Ausstellung gezeigten Arbeiten), eine gefräste Zeichnung in zweifarbigen Putz, zeigt in abstrahierter Form als stilisiertes Strickmusters die Originalfassade der Gebäude des Architekten Erwin Anton Gutkinds. Die Gebäude, ursprünglich 1925 für Angestellte des nahegelegenen Staakener Luftschiffhafens geplant, hatten eine braune Klinkerverkleidung über einem weiß verputzen Erdgeschoß mit Klinkersockelzone. Dieser Hell-Dunkel-Kontrast sollte den Eindruck eines Über-der-Erde-Schwebens vermitteln. Schon ein paar Jahre nach ihrer Entstehung verschwanden die oberen Klinkerverkleidungen. Die Flachdachkuben-Siedlung erhielt den Namen »Neu-Jerusalem«, nachdem ähnliche Gebäudeformationen der 1927 errichteten Stuttgarter Weißenhofsiedlung von Kritikern als »Vorort von Jerusalem« und als »Wüstenstadt« verspottet wurden. »Wüsten« in der Stadt bieten den einen vielfältig nutzbare Freiflächen, den anderen ist sie reines Bauerwartungsland. Nach Niklas Maak breitet sich mit der Frage »Was passiert mit unseren Städten?« (Stadt der Untoten, FAZ 2012) jetzt eine neue Wüste aus, wenn staatliche Liegenschaften meistbietend an Investoren verkauft werden, wie es auch unlängst mit der Siedlung »Neu-Jerusalem« geschehen ist. 1925 schrieb der Filmkurier zu den Dreharbeiten des Fritz-Lang-Films »Metropolis«, die zum Teil in einer der übrig gebliebenen Luftschiffhallen in Staaken stattfanden: »(...) die Kombination von Bau und Natur, einfach durch das Öffnen der großen Hallentore und Photographieren gegen den freien Horizont, ist außerordentlich angenehm. In verschiedenen Filmen hat man von diesem Mittel schon Gebrauch gemacht und die Täuschung war vollkommen.« Die Arbeit und insbesondere des Sgrafittos »Strickbau« thematisiert die direkte Erfahrbarkeit über das Material in der »Verstrickung« mit dem Bildsujet und der Art und Weise der Darstellung. Material: gefräste Zeichnung, dunkelgrauer und hellbeiger KEIMFARBEN-Putz Größe: 3,40 m x 3,00 m Standort: Zwinger Galerie_Berlin

Konzept: Der Wasserfall ist nicht nur in angelegten Landschaftsparks wie z.B. im Viktoriapark in Berlin-Kreuzberg Motiv und Imaginationsmaterial, sondern wird auch immer wieder in der bildenden Kunst in unterschiedlichen Masstäben kopiert, verfremdet und angeeignet. Auf einem Flohmarkt In New York entdeckte ich 1992 ein Fotoalbum, das 31 fotografische Aufnahmen der Niagarafälle von 1920 enthielt. Im Dialog mit dem ehemaligen Grenzwachturm im Schlesischen Busch Berlin lasse ich zum 20. Jahrestag des Mauerfalls eine neue Version der Niagarafälle entstehen. Das Motiv im Wachturm ist eine Gesamtansicht, das sowohl die (amerikanischen) Niagarafälle als auch die (kanadischen) Horse-shoe Falls zeigt. Es wurde von der „International Suspension Bridge“ aus aufgenommen, einem gewissermaßen idealen Standpunkt, auf der Grenze bzw. im Niemandsland zwischen den beiden Staaten.Das Motiv ist grob gerastert und zerstiebt in eine Vielzahl von einzelnen Punkten, ähnlich dem Sprühnebel, den ein Wasserfall erzeugt. Das Wasser ›fliest‹ vom 2. Stock mit Ausblick in den kühleren, dunkleren, mit Schießluken versehenen 1. Stock (...) Der bildhauerische Eingriff mit dem von außen stützenden Holzgerüst lässt den Wachturm als temporäre Konstruktion einer Wirklichkeit erscheinen, die jederzeit demontierbar ist. Auch die politische Grenze ist ein imaginierter, ein abstrakter Ort, der erst in der Überlagerung verschiedener räumlicher und zeitlicher Ereignisse entsteht. Material: Fotografie gerastert 10 Lin./Zoll, C-Print, tapeziert / Holzgerüst Größe: 5,20 x 7,60 m über 2 Etagen / 5,00 m x 4,00 m x 3,70 m Standort: Letzte Überprüfung - Grenzwachturm Schlesischer Busch, Flutgraben e.V., Berlin

Anlässlich der Ausstellung SUPERUMBAU in Hoyerswerda-Neustadt begleitet und kommentiert STADT IM REGAL den Abbau eines fünfgeschossigen Plattenbaus. Ein Bauschild und eine 12m hohe Leuchte kennzeichnen dieses Bauvorhaben. In einem gegenüberliegenden Gebäude, einer leerstehenden Kita, mit Blick auf den Abbau, richtet STADT IM REGAL ein Baubüro ein und entwickelt dort exemplarisch 12 verschiedene Positionen zu Umbau, Abbau und Rückbau urbaner Räume der Moderne. Abbau einer stillgelegten Leuchte in der Altstadt und Aufbau und Inbetriebnahme der erneuerten Leuchte auf einer neuen Wiese gegenüber dem abzureißenden Plattenbau. Der Prozess des Aufbaus wird in der Zeitung dokumentiert, als handele es sich um eine letzte industrielle Anstrengung für das Gemeinwohl. Die fünfarmige Lampe – angeschlossen an das Hoyerswerda’sche Straßenbeleuchtungsnetz- beleuchtet, wie auch die gesamte Ausstellung, den Umbau von Hoyerswerda. Sie markiert einen Ort für möglicherweise zukünftige kulturelle Veranstaltungen auf der grünen Wiese. Material: Fünfarmige Kofferleuchte Größe: 4 x 4 x 12 m Standort: WK8P2ABBAU_Superumbau_Verein Spirit of Zuse, Hoyerswerda-Neustadt

Der Bungalow Typ A, Nr. 39, entworfen von Eduard Ludwig, war Teil der Internationalen Bauausstellung im Hansaviertel in Berlin von 1957, einer Vision für »die Stadt von Morgen«. Der Bungalow setzt das räumliche Konzept der kontinuierlichen Wand als raumbildendes Element um. Die einfache Anordnung von Wohnung, Garage und Garten in einer Überschneidung zweier Rechtecke ergibt ein Modul, das wiederholt, Teil einer sogenannten »Teppichbebauung« ist. Hinter den zunächst abweisend wirkenden haushohen Wandelementen aus Eternit liegen Gartenhöfe, die den Bewohnern ein ungewöhnliches Maß an äußerer Abgeschlossenheit und innerer Freiheit inmitten der Großstadt bieten. Der 1:1 Holznachbau des Bungalows der Künstler*innengruppe Stadt im Regal – 100 m Luftlinie entfernt vom Originalstandort – vor der Akademie der Künste rahmt den Platz mit den vorhandenen Treppen, der Henry Moore Figur und dem Pflanzfeld ein und setzt das moderne Raumkonzept neu in Szene. Durch verschiedene Um- und Einbauten interpretieren wir die strukturellen Vorgaben des Bungalows neu.

In der Ausstellung »Parkhaus, Stadt im Regal« wurde die besondere Situation des Parkhauses – ein in mehreren Etagen gestapelter öffentlicher Raum – zum Stadtmodell. In der Auseinandersetzung mit den Veränderungen in Berlin nach 1990 entwickelten wir Bilder und Visionen der Stadt und stellten sie in der parzellierten Struktur des Parkhauses einander gegenüber. Der Titel meiner Einzelarbeit »Der Eckensteher Fall« bezieht sich auf eine, auch von E.T.A. Hofmann, W. Benjamin verwendeten, Bezeichnung für einen spezifischen Stadtbewohner. Der Eckensteher steht nahezu unbeweglich auf der Straße, die zu nichts zu führen scheint. Die neuen Gebäude auf der Berliner Friedrichstraße hinterlassen einen ähnlichen Eindruck plötzlicher Erscheinung und Unbeweglichkeit. Sie fügen sich lediglich in vorgegebene Lücken ein und sind Umsetzungen virtueller Computerdarstellungen, die Ansichten eines früheren Berlins mit Bildern einer imaginären Metropole vermischen. Die vier unterschiedlichen Haus-Objekte sind aus perspektivischen Zeichnungen entwickelt und oszillieren in der Ansicht und räumlichen Ausdehnung zwischen einer 2- und 3-dimensionalen Erscheinung, zwischen Zeichnung und Objekt hin- und her. Material: Holz, Hartfaserplatten Größe: , 2,80 x 0,60 x 2,30m; 2,70 x 0,50 x 2,15m; 2,00 x 0,80 x 1,70m; 1,70 x 0,50 x 1,40m Standort: Parkhaus, Stadt im Regal (Stadt im Regal)_Parkhaus Behrenstr., Berlin