Helga Franz
Werke
Imago Mundi
Vier Positionen an ausgewählten Wänden zeigen Kartenprojektionen, die als azimutale Vorlagen für Raummodelle dargestellt sind. Im Kontext mit der Architektur entwickeln die Azimutalmodelle ein korrespondierendes Spiel zwischen Fläche und Raum.
Der Entwurf macht Analogien zwischen Schule als ‚kleiner internationaler Welt‘ und Visualisierungen der kartographierten Welt erkennbar. Indem er einen forschenden, weiteren Blick fordert, stellt er eine Provokation dar, zementierte Sichtweisen zu hinterfragen und über scheinbar festgelegte Konzepte und Machtverhältnisse hinauszudenken.
Dekolonialer Empfang: Paradies
Die Banane ist Migrantin. Im Koran wird sie als Paradiesfrucht bezeichnet. Bananen stehen hierzulande nicht nur für Exotik und Wohlstand, indes sind sie auch Symbol von Apartheid, Kolonialisierung und internationaler Machtausübung. Wie kaum ein anderes Produkt ist die in Monokulturen unter miserablen Arbeitsbedingungen gezogene Banane Symbol eines Weltmarktes, der sich an den Bedürfnissen der reichsten Länder orientiert und damit kolonialen wie imperialen Grundsätzen folgt.
Wie Schwerter aufgestellte gekreuzte Elefantenstoßzähne sind Fingerzeig der Eroberung, sie manifestieren Akte der Intervention wie der Irritation. Aufgrund seiner Verwandlung, Dimension und Farbigkeit führt sich das Zitat kolonialer Historie ad absurdum und wird zum provokanten Modellcharakter einer Dekolonialisierung.
Leuchtend und sehr gelb weist der Dekoloniale Empfang keinesfalls nur in historische Bedingtheiten, sondern augenzwinkernd auf ironische Wendungen eines bewegten Weltgeschehens, das im Jetzt anderes Handeln der Zivilgesellschaften fordert.
Dynamische Fluide
Technische Universität Cottbus-Senftenberg (BTU), Neubau Anwendungszentrum Fluiddynamik (EFRE), Zentralcampus Cottbus
Eine nicht näher bestimmbare Substanz, womöglich ein Plasma, scheint den Laboren und Rechenzentren im Gebäudeinneren entkommen zu sein und bricht sich – kalkuliert, doch unkalkulierbar – Bahn nach außen. Orangerot (entsprechend „heiß“), magmaähnlich quillt es an den Gebäudeecken hervor, fremdartig, unbeherrschbar, unendlich eigen und interessant.
Die kubische, geometrische Architektur („kalt“) und die amorphen, transluzenten Kunstformen („heiss“) bilden ein Ganzes, das für Forschung am „Phänomen Fluiddynamik“ steht.
Bei geringem Licht leuchten die Quellformen von innen. Das Bodenobjekt ist als ‚Abtropfform‘ erkaltet und daher opak.
Maße: Boden 175 x 160 x 80 cm, Dach links 100 x 60 x 60 cm, Dach rechts 185 x 60 x 80 cm
fundamental elements
Entwurf für zwei Installationen aus Stahl und Holz im öffentlichen Außenraum für den Neubau Forschungszentrum für Proteinbiochemie „Charles Tanford“, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
An beiden Eingangsbereichen ist ein geschwungenes Band in leuchtender Farbe (GRÜN, ROT) gesetzt und von horizontalen Sitzelementen umgeben. Die komplex wirkenden Gesamtstrukturen erinnern an wissenschaftliche Darstellungen von Proteinen, die als biologische Makromoleküle von fast unendlicher Variabilität von zentraler Bedeutung bei allen – tierischen oder pflanzlichen – Lebensvorgängen sind.
Als Basis allen Lebens sind Proteine elementare Elemente: fundamental Elements.
Horizontalflächen nehmen Formen von Schlagschatten der Protein-Objekte auf – der funktionale Aspekt des Entwurfs erlaubt ein „Sitzen auf dem Schatten der Proteine“.
Stahl-Elemente mit Höhe jeweils 4-5 m, pulverbeschichtet; Horizontalplateaus mit Betonsockel, Holzauflage à 7-12 m.
participants
Deutsches Biomasseforschungszentrum Leipzig, Neubau Büro-, Seminar- und Technikgebäude, Forschungsbereiche.Konzeption für den öffentlichen Außenraum mit fünf Installationsgruppen
Fünf Gestaltungsgruppen markieren im Außenraum den Bezug zu den fünf Forschungseinrichtungen. Jede Gruppe ist individuell gestaltet und bildet ein Gefüge aus einem vertikalen Bild- und einem dreidimensionalen horizontalen Funktionselement. Die Formen beider Objekte einer Gruppe zeigen erkennbar Analogien zu Mikroorganismen, die einen Großteil der Biomasse bilden. Die Bildmotive der Glaselemente beziehen sich auf Teilnehmer des Stoffkreislaufs.
Das künstlerische Konzept ist Schnittstelle zur Landschaftsarchitektur und zum Design und verbindet den Anspruch des Zentrums zu forschen und zu vermitteln, indem es einer Reihe von Bereichen Aufenthaltsqualität verleiht, auf dem Gelände prägnante Treffpunkte für Mitarbeiter und Besucher schafft und damit Orte der Kommunikation etabliert.
Erfolgsmodelle
Museum für Naturkunde, Humboldt-Universität: Modernisierung und Grundinstandsetzung, Neubau Ostflügel (Feuchtsammlung) und Restaurierung der Restfassade.
Konzeption für den öffentlichen Außenraum: Freifläche des öffentlich zugänglichen Campushofes mit Stahl, Weißglas als 30 Meter langer Bogen
Erfahrung und Verlockung deuten zeit-räumliche Lesrichtungen des Glasbogens entlang der lokalen physischen Passage im Campushof.
Aufgrund differenzierter naturwissenschaftlicher Untersuchungen an fossilen und rezenten Arten und deren Individuen unterliegt die Forschung selbst im Zuge der Verdichtung von Erkenntnissen einer endogenen Evolution. Die Bilder zeigen Beispiele rezenter Lebewesen mit alten Bauplänen, Schlüsselfiguren der Evolutionsgeschichte.
Ein Seismogramm aus gewählten Begriffen verschiedener Ebenen der naturkundlichen Taxonomie und Systematik steht exemplarisch für die Komplexität der aktuellen und historischen Forschung.
decidersi
Neubau des Leonardo-da-Vinci-Gymnasiums Neukölln als Pilotprojekt Nachhaltigkeit.
Konzeption für den Innenraum mit Sprache und Wand-Deckengestaltung sowie Planung von Formaten, Dauer und Frequenz von Workshops zum Dialog der Schulgemeinschaft.
Gerade in den schulischen Lebensphasen lernen wir uns selbst kennen, begreifen uns im sozialen Kontext und erschließen wir uns komplexe Zusammenhänge.
Gestalterisches Motiv sind drei Wortblöcke (cluster), die soziale, zeitliche oder räumliche Faktoren benennen und dezentral im Schulgebäude an Wand- und Deckenflächen so positioniert sind, dass sie mit horizontalen bzw. vertikalen mehrsprachigen Wortlinien (lines) verbunden werden.
Unter Mitwirkung der interessierten Schüler*innen-/Lehrer*innenschaft entsteht ein optisch gestaltendes Werk, das den Ideen Jugendlicher Kontext und Präsenz in der Architektur gibt.
Licht auf alle Sinne!
Liebigschule Neukölln, Erweiterungsbau mit Mensa und Mehrzweckräumen. Konzeption für das Foyer Erweiterungsbau mit Stahl, mattem Weißglas und Licht
Spielerisch werden die Linien und Raster der Architektur aufgenommen und zeichnerisch befreit. Die lebendige, variable handgeführte Lineatur stellt in fünf Motiven unsere Sinne dar, die Grundlage des Seins, des Lebens und Lernens.
Die Sinne finden Raum in einer großzügigen Gestaltung auf fünf von oben beleuchteten Flächen à 300 x 200 cm. Die einzelnen Motive (Auge, Ohr, Mund, Nase, Hand) dehnen sich frei über die lichten Flächen, ohne vom Rechteck beschnitten zu werden. Die linearen Zeichnungen bestehen aus dominierenden Farben der architektonischen Flächen im Innenraum (Dunkelgrün, Currygelb und Weinrot) und variieren diese im Zweiklang.
Eckdaten
www.helga-franz.de
Fotografie, Installation, Konzeptkunst, Lichtkunst, Partizipation
* 1961
Internationale Projekte:
Projekte mit übergreifenden Thematiken zwischen Kunst, Ökologie und Utopie sowie Fotoprojekte führt Helga Franz international durch.
Ihre Arbeiten zeichnen sich durch die grundlegende Immanenz zwischen Kunst und naturwissenschaftlichen Disziplinen aus. Zu realisierten Projekten zählen - neben freien Arbeiten - Kooperationen mit dem Berliner Senat, dem Umweltamt und dem Museum für Naturkunde in Berlin sowie zahlreiche Eingeladene Wettbewerbe für Kunst im öffentlichen Raum.
Bei transdisziplinären Kooperationen manifestieren ihre Konzepte für permanente Gestaltungen im Kontext öffentlicher und sozialer Räume Aspekte der Erneuerung und Öffnung für Zukünftiges. Als Fotografin und Pilotin dokumentiert sie extreme Landschaften etwa in Island, Namibia, Deutschland und Java vom Boden und aus der Luft.
Vita
Auszeichnungen:
Helga Franz erhielt für ihre künstlerische Arbeit zahlreiche Auszeichnungen und Anerkennungen. Sie ist Mitglied des Deutschen Künstlerbundes DKB und der Deutschen Gesellshaft für Photographie DGPH. Ihre Werke sind in staatlichen und privaten Sammlungen vertreten, ihre Publikationen und Monografien sind in der Deutschen Nationalbibliothek DNB verzeichnet.
Universitäre und außeruniversitäre Lehrtätigkeit, Bildungsarbeit seit 1993:
- Beraterin, Jurorin, Koordinatorin für Wettbewerbe Kunst im öffentlichen Raum und Kunst am Bau
- Leitung Fach Plastik/Objekte, Universität Leipzig 1993–2001, Seminare im In- und Ausland
- Vorstandsmitglied bbk Berlin; Künstlerischer Beirat, Büro für Kunst im öffentlichen Raum Berlin
- Dozentin und Mentorin, Trainerin für Weiterbildner*innen u.a. für den Senat Berlin
- Seminarleiterin u.a. Land Art Sommerakademien Italien und Deutschland
- Vorträge und Lehraufträge an diversen Universitäten, Hochschulen, Akademie der Künste Berlin
- Publikationen und Monografien, Deutsche Nationalbibliothek sowie führende Fachbibliotheken
Akademische Studien:
Studien (Diplom, Meister) an Universitäten und Hochschulen im In- und Ausland, u.a. Akademie für digitale Medien Berlin; Graduiertenstudium Environmental Art, Advanced Visual Design (Otto Piene, Paul Earls), Space Habitat Design (Weltraumarchitektur), Massachusetts Institute of Technology, M.I.T., USA; Universidad Nacional Autónoma de México U.N.A.M., Mexico-City; Malerei und Grafik, Fotografie, Bildhauerei, Hochschule für Bildende Künste Hamburg und Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe (Per Kirkeby).